Wer in der Welt des Druckgewerbes unterwegs ist, stolpert früher oder später über einen Begriff, der zunächst etwas rätselhaft klingen mag: Gautschen. Was wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten klingt, ist eine über Generationen weitergegebene Tradition des Druckhandwerks, die bis heute mit Stolz bewahrt wird – auch bei uns in der Gutenberg AG. Anfang Juli wurden unsere diesjährigen Lehrabsolventen aus der Druckbranche – Nina (Polygrafin FZ) und Vivian (Medientechnologe FZ, Fachrichtung Print) – feierlich gegautscht. Doch was genau hat es mit damit auf sich? Woher kommt dieser Brauch – und welche Bedeutung hat der sogenannte Gautschbrief?
Woher kommt das Gautschen?
Ursprünglich kommt der Begriff «Gautschen» aus der Papierherstellung: Dabei wurden frisch geschöpfte, noch feuchte Papierbögen durch leichten Druck auf Filz übertragen – also «gegautscht» – und anschliessend in der Gautschpresse entwässert, bevor sie zum Trocknen aufgehängt wurden. Der Begriff bedeutete ursprünglich also das Abpressen von Wasser aus dem Papier.
Vermutlich ist der Bezug zum Wasser das Bindeglied zum uralten Buchdruckerbrauch, dessen Ursprung bis ins 16. Jahrhundert zur Zeit Gutenbergs zurückreicht. Im Druckgewerbe steht das «Gautschen» nämlich für ein traditionsreiches Aufnahmeritual: Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung – heute z. B. als Offsetdrucker*in, Digitaldrucker*in oder Polygraf*in – werden die «Täuflinge» auf einen nassen Schwamm gesetzt und mit Wasser übergossen und in einen Brunnen getaucht. Das feierlichen Aufnahmeritual, das an mittelalterliche Zunftbräuche erinnert, wird vom sogenannten Gautschmeister durchgeführt und mit einer Art Taufurkunde – dem kunstvoll gestalteten «Gautschbrief» – besiegelt. Dieser bestätigt die Aufnahme in die Gemeinschaft der «Schwarzkünstler» – traditionell begleitet von Essen, Trinken und guter Laune.

Warum wird gegautscht?
Das Gautschen ist heute mehr ein «humorvolles» Aufnahmeritual als eine strenge Zunftpflicht. Trotzdem hat es einen ernsten Hintergrund: Es markiert den erfolgreichen Abschluss der Lehre und den Übertritt in die Berufsrolle als vollwertige Fachkraft im Druckwesen. Ursprünglich war es ein Reinigungsritual für Drucker- und Schriftsetzer-Lehrlinge, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten. Der Brauch sollte symbolisch die «Sünden der Lehrzeit» abwaschen – insbesondere den «Bleistaub» –, der sinnbildlich für alle Anfängerfehler, Unsicherheiten und Missgeschicke stand, welche die Lernenden während ihrer Ausbildung gemacht hatten.
Der Gautschbrief – das offizielle Zeugnis
Nach der Zeremonie erhält der oder die frisch Gegautschte den sogenannten Gautschbrief. Dieses kunstvoll gestaltete Dokument bezeugt die Aufnahme in den «ehrwürdigen Stand der Schwarzkünstler». Es ist ein Andenken und ein Ausweis der Zugehörigkeit zu einem jahrhundertealten Handwerk. Doch der Gautschbrief hat eine grössere Bedeutung, als manche vielleicht vermuten.
In einigen Druckereien, darunter auch bei uns in der Gutenberg AG, wird der Gautschbrief als wichtiger Nachweis der handwerklichen Tradition geschätzt und sogar vorausgesetzt, wenn jemand in der Branche neu anfangen möchte. Kann ein Bewerber oder eine Bewerberin den Gautschbrief nicht vorweisen, kann es in manchen Betrieben dazu kommen, dass das Gautschen nachgeholt werden muss.
Gautschen 2025
Bei der Gutenberg AG wird diese Tradition bewusst gepflegt – aber nicht wahllos. Gegautscht werden nur die Lehrabsolvent*innen aus dem Druckbereich, also jene, die mit Farbe, Papier und Technik direkt arbeiten. Lehrabsolvent*innen vom Empfang oder der Digital Media Abteilung nehmen nicht am Gautschen teil – was nicht bedeutet, dass sie weniger wertgeschätzt werden. Vielmehr zeigt sich hier der Respekt vor der historischen Herkunft des Rituals. Es geht nicht um Ausgrenzung, sondern um das bewusste Fortführen eines Fachbrauchtums.
In diesem Jahr wurden Nina, die ihre Ausbildung als Polygrafin mit Bravour bestanden hat, sowie Vivian, der seine Lehre als Medientechnologe mit Fachrichtung Print erfolgreich abgeschlossen hat, feierlich gegautscht. Für euren weiteren Weg wünschen wir euch nur das Beste – bleibt neugierig, mutig und offen für neue Herausforderungen.
Das Gautschen ist mehr als nur ein feucht-fröhliches Spektakel – es ist gelebte Handwerkstradition, Identität und Gemeinschaftsgefühl. In einer Zeit, in der sich vieles wandelt, tut es gut, gewisse Werte und Rituale bewusst weiterzugeben. Für uns bei der Gutenberg AG ist das Gautschen deshalb kein Relikt aus vergangenen Tagen, sondern ein Ausdruck unseres Stolzes auf das Druckhandwerk – und ein herzliches Willkommen in unserer Berufswelt.
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